Amtszeit von Landesbischof Cornelius-Bundschuh von Krisen geprägt

14. März 2022 , 08:20 Uhr

Karlsruhe (dpa/lk) – Ende des Monats geht der badische Landesbischof Cornelius-Bundschuh in den Ruhestand. Bevor er 2014 das Amt antrat, hatte er sich Gedanken gemacht, welche Themen er setzen will. Doch dann kam es sehr schnell ganz anders.

Amtszeit von Krisen geprägt

Der scheidende Landesbischof der evangelischen Kirche in Baden, Jochen Cornelius-Bundschuh, hat seine Kirche trotz Kirchenaustritten und weniger Steuereinnahmen zu einer optimistischen Sicht ermutigt. „Umbruchprozess bedeutet nicht Niedergang“, sagte der 64-Jährige in Karlsruhe. Kirche wolle vor Ort präsent und für die Menschen ansprechbar bleiben. „Wir wollen eine öffentliche Kirche sein.“ Ende des Monats geht Cornelius-Bundschuh in den Ruhestand. Als erste Frau in dem Amt in Baden übernimmt Heike Springhart aus Pforzheim die Geschäfte. Ein Gottesdienst anlässlich des Wechsels ist für den 10. April geplant. Die Amtszeit des Landesbischofs war von Krisen geprägt.

Flüchtlingswelle 2015

Jochen Cornelius-Bundschuh hatte nach Amtsantritt im Juni 2014 eigentlich Themen setzen wollen, doch schnell habe dann das Thema Flüchtlinge alles dominiert, sagte Cornelius-Bundschuh. Die Kirche habe bei der Integration wichtige Arbeit geleistet. In ländlichen Regionen sei das noch besser gelungen, sagte der Landesbischof. Damit verbunden sei auch das Thema gesellschaftlicher Zusammenhalt. „Jeder bildet eine Gemeinschaft mit denen, die er eh schon leiden kann“, sagte er. Kirche könne hier ermutigen, das Fremde auszuhalten.

Jetziger Ukraine-Krieg

Aus den Erfahrungen ließen sich jetzt auch Lehren für den Umgang mit Geflüchteten aus der Ukraine ziehen – wenn die Voraussetzungen auch anders seien und viele wohl in Nachbarstaaten blieben, um schnell wieder zurückzukommen. Hier gehe es darum, Ländern wie Polen zu helfen, damit diese den Menschen helfen könnten. Das Thema Gewalt an Frauen auf der Flucht beispielsweise sei aber 2015 zu spät erkannt worden, sagte der Landesbischof. Er warnte vor einem reinen Konfrontationskurs gegen Russland: „Wir brauchen in irgendeiner Weise einen Waffenstillstand, wir brauchen in irgendeiner Weise einen Stopp des Krieges“, sagte er. Das werde nicht gelingen, wenn man nur gegen Russland agiere. Cornelius-Bundschuh warb für die Suche nach anderen Strategien, „um den Angriff eines solchen Aggressors zu unterlaufen“. Es müsse um Lösungen gehen, die möglichst wenig Menschen schädigten. Derzeit würden Familien zerrissen, machte er deutlich. „Es geht um irrsinnige Traumata.“

Weltweite Konflikte

Überhaupt werden die Konflikte auf der Welt stärker, zeigte sich der 64-Jährige überzeugt. Die Frage der Gerechtigkeit habe zwar in den letzten Jahrzehnten viele beschäftigt, die Lage habe sich in ärmeren Ländern aber eher zugespitzt. Bei den Bemühungen, hier gegenzusteuern, forderte Cornelius-Bundschuh mehr Tempo. Allerdings räumte er ein, dass die Kirche dabei nicht immer als Vermittlerin auftreten könne. Zum einen setze das voraus, dass die Konfliktparteien miteinander reden wollten. Zum anderen vertrete Kirche bei manchen Aspekten eine klare Position, sei nicht neutral.

Missbrauch in eigenen Reihen

Auch an der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt arbeitet die evangelische Kirche noch. 92 Fälle aus Diakonie und den eigenen Reihen der Landeskirche sind inzwischen bekannt. Sie reichten von den 1950er Jahren bis in die heutige Zeit, sagte Cornelius-Bundschuh. „In meiner Amtszeit hat es alle zwei Jahre einen Fall gegeben.“ Einige Beschuldigte seien schon tot. Im Dienst sei keiner der Täter mehr. „Wir tun alles dafür, dass es nicht passiert.“ In einem Anfang März unter anderem an alle Kirchengemeinderäte und Mitarbeitende der Landeskirche versandten Brief schreibt er: „Es ist erschütternd, dass Menschen in unserer Kirche sexualisierte Gewalt erfahren haben.“ Es sei „beschämend“, wie vor Ort manchmal weggeschaut wurde, wie Verantwortliche Schilderungen heruntergespielt oder gar bezweifelt hätten und wie Täter gedeckt wurden, um die Institution Kirche „aus der Schusslinie zu halten“.

Zwei Jahre Corona-Pandemie

Die Pandemie habe zwar der Digitalisierung auch in der Kirche Schwung gegeben. Viele Fortschritte, Neues auszuprobieren, seien aber gebremst worden, bedauerte der Landesbischof. Kirche lebe von Begegnungen, das Abendmahl bei den Protestanten von Körperlichkeit. Auch dass zweimal Weihnachtsgottesdienste quasi ausgefallen seien, sei schade. Gleiches gelte für Hochzeiten, Konfirmationen oder auch Trauerfeiern, die nur in kleinem Rahmen oder gar nicht stattfinden konnten. „Corona ist für die Kirche eine große Herausforderung.“

Homo-Ehe

Eher innerkirchlich sei die Debatte um Trauungen gleichgeschlechtlich Liebender geführt worden, sagte Cornelius-Bundschuh. Der Synode, dem Kirchenparlament, sei es gelungen, die verschiedenen Strömungen gut zu strukturieren. Es habe keine Spaltung gegeben und am Ende habe kaum jemand wegen dieses Themas die Kirche verlassen. Als weitere Themen aus seiner Amtszeit nannte der Landesbischof Antisemitismus, Klima und das Unionsjubiläum, das die Landeskirche vergangenes Jahr feierte.

Weltkirche mit Wermutstropfen

Dass der Ökumenische Rat der Kirchen im Sommer seine Vollversammlung in Karlsruhe abhält, wertete Cornelius-Bundschuh als die vielleicht wichtigste Entscheidung im Laufe seiner Amtszeit. Ein „großes Manko“ sieht der Landesbischof allerdings beim interreligiösen Dialog. Da sei man nicht so weit gekommen wie erhofft. Als Beispiel nannte er die Frage, wie Muslime stärker in die gesellschaftliche Verantwortung hineingenommen werden könnten. Beeindruckt habe ihn hingegen das große Interesse vieler Schüler, mit denen er 2017 anlässlich des 500. Jahrestags des Beginns der Reformation sprach. Dass ein Mann wie Martin Luther für seine Werte einstehe, sei sehr oft Thema gewesen.

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