Region (dpa/dk) – In den letzten Wochen haben wir es immer wieder mitbekommen – umgedrehte Ortsschilder mit Gummistiefeln daran und rund 2000 Traktorfahrer die durch die Landeshauptstadt fahren – die Bauern protestieren. Für Baden-Württembergs Agrarminister Hauk bringen die Nachbesserungen der Bundesregierung keine wirkliche Verbesserung.
Agrarminister Peter Hauk (CDU)hält die angekündigten Nachbesserungen der Bundesregierung beim Agrardiesel und der Kfz-Steuer für unzureichend. Hauk sagte am Donnerstag in Stuttgart, die Landwirte hätten von der Ampel einen Vorschlag erwartet, der sie entlaste. «Jetzt liegt ein Angebot auf dem Tisch, das keinerlei Verbesserung bringt. Die Ampel versucht damit die Bauern zufriedenzustellen, das wird mit diesem Angebot aber nicht gelingen.»
Die Befreiung der Kfz-Steuer beizubehalten sei richtig, aber die Agrardieselbeihilfe dennoch stufenweise abzubauen zu wollen, sei nach wie vor ein Schlag ins Gesicht der Landwirte. «Die stufenweise Abschaffung der Agrardieselbeihilfe ist nichts anderes als ein Strukturbruch auf Raten.» Der Agrardiesel sei in allen EU-Nachbarstaaten weiter zum Teil sogar erheblich steuerlich begünstigt, auch deshalb, weil es derzeit keine marktfähigen alternativen Antriebe für die Landwirtschaft gebe.
Schon am Donnerstagmittag machte Hauk klar, dass er Verständnis für die geplante Aktionswoche der Bauern gegen die Einsparpläne beim Agrardiesel und der Kfz-Steuer hat. Er könne den Unmut der Landwirte nachvollziehen und stehe voll hinter ihren Forderungen, sagte Hauk am Donnerstag in Stuttgart. Bei keinem anderen Bereich im Bundeshaushalt werde so gekürzt wie in der Landwirtschaft.
Das Agrarministerium ging davon aus, dass die baden-württembergischen Betriebe wegen des hohen Anteils an Sonderkulturen und der Kleinstrukturiertheit sowie der entsprechenden betrieblichen Technikausstattung überproportional von den Entscheidungen auf Bundesebene betroffen seien. Gut 10 Prozent der bundesweit von den landwirtschaftlichen Betrieben zu tragenden Kosten schlagen sich demnach in Baden-Württemberg nieder. Es gehe um Kosten von rund 90 Millionen Euro pro Jahr. «Die zukünftigen Belastungen werden sich beim Nebenerwerbsbetrieb mit rund 1500 bis 2500 Euro pro Jahr und beim Haupterwerbsbetrieb zwischen 2500 und 4500 Euro pro Jahr auswirken», teilte das Ministerium mit.
In den sozialen Netzwerken hat die geplante Aktionswoche bereits für viel Aufregung gesorgt. «Der Deutsche Bauernverband distanziert sich aufs Schärfste von Schwachköpfen mit Umsturzfantasien, Radikalen sowie anderen extremen Randgruppe, die unsere Aktionswoche kapern und unseren Protest für ihre Anliegen vereinnahmen wollen», schrieb der Bauernverband bei Instagram. Dem Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg liegen eigenen Angaben zufolge derzeit keine Erkenntnisse zu einer extremistischen «Unterwanderung» des aktuellen von Landwirten ausgehenden Protestgeschehens vor. Zwar sei festzustellen, dass sich einzelne extremistische Akteure solidarisch mit den Protesten zeigten, jedoch gehe derzeit von ihnen keinerlei steuernder Einfluss aus.