Karlsruhe (pm/svs) – Nach heftiger Kritik zur Abschaffung von Stempelkarten und der Einführung neuer, teurer Tarife, hat der KVV-Aufsichtsrat getagt. Beschlossen wurde nichts, aber mögliche Anpassungen diskutiert. Wie zum Beispiel eine Tageskarte im Vorverkauf, die man selbst datieren und dann ganztägig nutzen kann. Eine Bürgerinitiative, die sogenannte Kundeninitiative KVV, fordert hingegen einfach zur klassischen Stempelkarte zurückzukehren.
In den vergangenen Wochen war nach der Umsetzung der Vertriebsreform bekanntlich Kritik von Seiten einzelner Kundengruppen, aus der Bürgerschaft sowie von politischen Fraktionen aus der Region an einzelnen Maßnahmen laut geworden. Unter anderem wurde die Abschaffung der Vierer-Karte oder der Ausbau der Entwerter aus den Fahrzeugen kritisiert. „Wir verschließen uns dieser Kritik nicht und haben uns gemeinsam intensiv über strittige Vertriebsthemen ausgetauscht“, betont Dr. Alexander Pischon. „Es war ein sehr guter und offener Austausch, bei dem wir zusammen mit allen Teilnehmern geprüft haben, an welchen Stellen Anpassungen zum Wohl unserer Kunden sinnvoll und machbar sind.“
Während des Workshops wurden noch keine abschließenden Entscheidungen zu den möglichen Änderungen getroffen. Vielmehr fließen die aus dem Workshop gewonnenen Erkenntnisse und Empfehlungen in die Vorbereitung der nächsten Sonderaufsichtsratssitzung am 11. März ein. Dort wird von dem Gremium abschließend entschieden, welche Maßnahmen umgesetzt werden sollen.
Zunächst wurde über das Für und Wider eines Chipkartensystems mit sogenannten Smart-cards diskutiert. Darüber hinaus standen weitere konkrete Anpassungsoptionen im Tarif- und Vertriebsbereich auf der Agenda der Sitzung. Mit Blick auf die Tageskarten wurde über die Option diskutiert, dass in diesem Bereich zwei weitere Preisstufen eingeführt werden könnten, um bisher benachteiligte Nutzergruppen besser zu stellen. Konkret gemeint ist hiermit, dass Kunden im Tarifbereich von einer Wabe sowie von vier Waben einen neuen, besseren Preis erhalten sollen, als dies bisher der Fall ist. Als weitere Option für eine zweite mögliche Verbesserung wurde die Einführung von datierten Einzelfahrkarten im Vorverkauf besprochen. Diese Fahrkarten könnten dann bis zu sechs Wochen im Voraus auf einen bestimmten Tag datiert erworben werden und sind am Geltungstag ganztägig nutzbar. Des Weiteren war der Workshop zudem vom Austausch zur Gestaltung einer möglichen „Best-price-Systematik“ für die KVV.luftlinie und die Idee der Verkauf von Einzelfahr-karten zur handschriftlichen Selbstentwertung geprägt. Die Teilnehmer des Workshops ba-ten die KVV-Geschäftsleitung, zu sämtlichen Optionen bis zum 11. März aussagekräftige Vorlagen auszuarbeiten.
Die Kundeninitiative KVV sieht darin jedoch weiterhin die einzige sinnvolle Lösung für ein niederschwelliges Basisangebot für alle Kundengruppen, zumindest bis eine sinnvolle Alternative eingeführt wurde. Der KVV hat bisher nicht dargelegt, dass der Weiterbetrieb der Entwerter nicht tragbar wäre. Beim Ausbau der Entwerter wird ein wesentlich dichteres Netz an teuren Fahrkartenautomaten an den Haltestellen erforderlich.
Aufladbare Chipkarten sind bisher die einzig praktikable Basisinfrastruktur für die Zukunft. Sie werden vom KVV aber als teure Übergangslösung auf dem Weg zur Digitalisierung eingestuft. Dabei sind Chipkarten keine Übergangslösung, sondern die konsequente Fortsetzung der Digitalisierung hin zu einer digitalisierten Basisinfrastruktur für das Ticketing. Sie bilden auch eine Brücke zum Smartphone, da NFC-fähige Geräte wie Chipkarten einsetzbar sind.
Diese Variante wirft den KVV weit in die Vergangenheit zurück, ist aber die einzige Variante, die etwas Flexibilität zurückbringen würde. Es ist aber unglaublich, so etwas einzuführen, solange eine funktionierende Struktur für Stempelkarten vorhanden ist. Ein Hauptargument zur Abschaffung der Stempelkarten war, dass bei Kontrollen zu viele Diskussionen wegen „vergessener“ Abstempelung verhindert werden sollten. Selbst ausgefüllte Stempelangaben werden sicher zu noch mehr Diskussionen führen, z.B. bei unleserlichen oder korrigierten Einträgen von Senioren oder Kindern oder bei bewusstem Missbrauch z.B. durch Abänderungen des Datums.
Vordatierte Einzelkarten machen – wie die jetzt schon erhältlichen vordatierten Tageskarten – wenig Sinn, da sie in ihrer Flexibilität nicht annähernd an die Stempelkarten herankommen. Die Fahrten von Kindern und Senioren sind nicht planbar wie Fernreisen. Eine Stornierung oder Rückgabe ist nicht praktikabel, im Webshop sogar generell ausgeschlossen. Die Abwicklung würde den Kundenservice mindestens genauso beschäftigen wie der kritisierte Umtausch von Stempelkarten bei Preisänderungen – ein Problem, das es bei Einführung von Chipkarten übrigens nicht mehr geben würde.
Es wurde bereits mehrfach von Kunden kritisiert, dass sie Einzelkarten kaufen mussten, weil es für Bahncard-Kunden sowie in ihrer Preisstufe keine günstige Tageskarte gibt. Der Vorschlag ist sinnvoll, ersetzt aber nicht die Stempelkarten. Er deshalb für sich gesehen keine Variante.
Die Kundeninitiative KVV hat schon früh darauf hingewiesen, dass Kunden mit dem Luftlinientarif mehr als mit den Normaltarif bezahlen können – was ja dann auch passiert ist. Allerdings wurde die Initiative nach eigener Aussage belehrt, dass dieser Tarif für Kunden gedacht ist, die Wabengrenzen überschreiten. Die Deckelung auf den Normaltarif ist natürlich sinnvoll, hat aber auch nichts mit der Abschaffung der Stempelkarten zu tun.
Damit bleibt für die Kundeninitiative KVV die Einführung von aufladbaren Chipkarten als dauerhafte künftige Basisinfrastruktur als einzig sinnvolle Lösung. Die Lösung braucht aber intensive Vorbereitung und ist sicher nicht in 2 Jahren zu schaffen. Deshalb müssen bis dahin die Stempelkarten und Entwerter erhalten bleiben.
Wir fordern deshalb die Gemeinderatsfraktionen auf, heute in diesem Sinne abzustimmen.