Karlsruhe/Malsch (dpa/lk) – Dieser Familienstreit gipfelte mit Verbrennungen, einem Mordversuch und Millionenschaden: Für die Aufsehen erregende Tat im Frühjahr in Malsch wird nun einem 88 Jahre alten Rentner am Landgericht Karlsruhe der Prozess gemacht. Aber warum setzt ein Senior Haus und Schwiegersohn in Flammen? Das Gericht hört zwei ganz unterschiedliche Versionen. Klar ist: Es gab schon länger Streit. Und familiäre Abgründe.
Heimtückischer Mordversuch oder Verzweiflungstat eines Menschen, der am Ende war? Vor dem Landgericht Karlsruhe hat am Dienstag der Prozess gegen einen 88-Jährigen begonnen, der im März mit Benzin und Streichhölzern den Schwiegersohn und das Haus seiner Tochter in Brand gesteckt haben soll. Der Schwiegersohn erlitt Brandverletzungen an beiden Händen und Armen, das Haus brannte nieder, die Tochter und zwei andere Familien – insgesamt waren bei dem Brandanschlag acht Menschen im Haus – blieben äußerlich unverletzt. Es entstand ein Schaden am Gebäude in Höhe von mindestens 1,4 Millionen Euro. Der Tat vorausgegangen waren finanzielle Streitigkeiten zwischen Vater und Tochter.
Der angeklagte Deutsche, ein gelernter Autosattler, der es mit einem Baugeschäft und einem Abschleppdienst zu Wohlstand brachte, fühlte sich in den Ruin getrieben. Nachdem er seine Immobilien auf die Tochter überschrieben habe, habe er kein Geld mehr gehabt. Als er am Abend des 23. März in Malsch mit einem Eimer auf die Terrasse der Tochter trat und Benzin auf die Wohnzimmerscheibe schüttete, habe er nur ein Zeichen setzen wollen, dass es so nicht weitergehe. Ziel sei es gewesen, „dass die Scheibe kaputtgeht“ – er habe nicht das Haus und den Schwiegersohn anzünden wollen, sagte er vor Gericht. „Ich wollte niemanden töten, das war nicht meine Absicht.“
Die Staatsanwaltschaft sieht das anders. Sie spricht von einem heimtückischen und grausamen Mordversuch, der gefühllos und unbarmherzig ausgeführt worden sei. Der 60 Jahre alte Schwiegersohn, der als Nebenkläger auftritt, und die 57-jährige Tochter gehen von einem gezielten Angriff aus. Sie seien an dem Abend beide im Wohnzimmer gewesen, als es einen Knall gegeben habe. Als ihr Mann die Terrassentür aufmachte, um nachzuschauen, habe ihr Vater Flüssigkeit auf ihn gespritzt und ein Streichholz auf ihn geworfen. „Mein Mann hat dann gebrannt“, so die 57-Jährige. „Ich konnte gar nicht fassen, was er da treibt“, beschrieb sie das Entsetzen über den Vater.
Der attackierte Schwiegersohn warf sich auf den Boden und schaffte es rollend, die Flammen am Körper zu ersticken. Er erlitt Brandverletzungen an beiden Händen und Armen. Das Paar beschrieb eine Flammenwand, die zunächst vor dem Wohnzimmerfenster war. Noch während die Frau die Feuerwehr rief, barst die Scheibe und das Wohnzimmer brannte lichterloh. „Mein Zuhause ist komplett zerstört“, sagte die Tochter des Angeklagten. Sie ist seit der Feuerattacke krank geschrieben.
Während ihrer Aussage schaute der Angeklagte die Tochter mit festem Blick an. „Ich habe Angst, dass er mir was antun wird, wenn er wieder rauskommt“, sagte die 57-Jährige. Sie könne sich die Tat nicht erklären. Es sei finanziell immer korrekt zugegangen; ihr Vater habe mindestens 4.500 Euro im Monat aus Mieteinnahmen zur Verfügung gehabt. Sie habe über Jahre alles für ihn gemacht, aber es ihm nicht recht machen können. Auch ihr Mann habe dem Vater immer geholfen. Der habe den Schwiegersohn aber „gehasst bis aufs Blut“.
Für den Prozess sind drei weitere Verhandlungstage bis Ende Oktober angesetzt.
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