Berlin/Stuttgart (dpa/lk) – Wenige Tage vor den angekündigten Einschränkungen in Baden-Württemberg haben die Spitzen von Bund und Ländern am Donnerstag ihre Beratungen über die gemeinsame weitere Verschärfung der Corona-Maßnahmen aufgenommen. In der Schaltkonferenz der Ministerpräsidenten mit der geschäftsführenden Kanzlerin Angela Merkel und deren voraussichtlichem Nachfolger Olaf Scholz ist ein umfangreiches Maßnahmenpaket beschlossen worden.
Zur Eindämmung der Corona-Pandemie soll in den Schulen generell eine Maskenpflicht für alle Klassenstufen gelten, auch dort, wo das bisher nicht der Fall ist. Das beschlossen Bund und Länder bei ihren Beratungen am Donnerstag.
Auf nicht gegen das Coronavirus Geimpfte kommen in ganz Deutschland strenge Kontaktbeschränkungen zu. Zusammenkünfte im öffentlichen und privaten Raum, an denen nicht geimpfte und nicht genesene Personen teilnehmen, seien auf den eigenen Haushalt sowie höchstens zwei Personen eines weiteren Haushalts zu beschränken. Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres seien ausgenommen.
Im Einzelhandel soll bundesweit die 2G-Regel gelten – Zugang haben sollen also nur noch Geimpfte und Genesene. Ausgenommen sein sollen Geschäfte des täglichen Bedarfs. Auch Kultur- und Freizeitveranstaltungen dürfen künftig nur noch Geimpfte oder Genesene besuchen. Die in einigen Ländern schon geltende 2G-Regel soll jetzt bundesweit ausgeweitet werden und unabhängig von der jeweiligen Inzidenz gelten. Clubs und Diskotheken werden bei hohen Corona-Infektionszahlen wegen des Ansteckungsrisikos geschlossen. Dies gilt ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 350 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner
Der Verkauf von Böllern und Feuerwerk zu Silvester wird in diesem Jahr erneut verboten. Auf besonders publikumsträchtigen Plätzen soll es demnach zudem ein Feuerwerksverbot geben. Für betroffene Unternehmen ist eine entsprechende Kompensation im Rahmen der geplanten Wirtschaftshilfen vorgesehen. Bereits im vergangenen Jahr war wegen der Corona-Pandemie der Verkauf von Silvesterfeuerwerk deutschlandweit untersagt. Ziel war es, die Krankenhäuser vor Überlastung zu schützen – unter anderem, indem Verletzungen beim Abbrennen von Feuerwerk in der Silvesternacht verhindert werden.
Zu Fußballspielen sind wegen der erneut bedrohlichen Corona-Lage vorerst nur noch höchstens 15.000 Zuschauer zugelassen. Bundesregierung und Länderchefs einigten sich darauf, dass in den Stadien maximal 50 Prozent der Kapazität genutzt werden darf. In Sporthallen dürfen es höchstens 5.000 Zuschauer sein. Es gilt eine Maskenpflicht und die 2G-Regel, nach der nur Geimpfte und Genesene Einlass erhalten. Möglich ist, dass zudem noch ein aktueller Coronatest nachgewiesen werden muss. Geisterspiele oder sogar Absagen solle es in Bundesländern mit besonders hohen Infektionsgeschehen geben, hieß es. Auch die Teilnehmerzahl für überregionale Sport-, Kultur- und vergleichbare Großveranstaltungen wird deutlich eingeschränkt. Künftig dürfen maximal 30 bis 50 Prozent der Platzkapazität genutzt werden. In Innenräumen dürfen es aber höchstens 5.000 Besucher und im Freien höchstens 15.000 sein.
Um die Impfkampagne in Deutschland zu beschleunigen, sollen künftig auch Apotheker und Zahnärzte gegen das Coronavirus impfen dürfen. In einem Entwurf hieß es, der Bund werde den Kreis der Personen deutlich ausweiten, die Impfungen durchführen dürfen. Kurzfristig gehe das über eine Delegation durch Ärzte an Apotheker sowie Pflegefachkräfte etwa in Altenheimen. Darüber hinaus solle eine gesetzliche Änderung erfolgen für Apothekerinnen und Apotheker, Zahnärztinnen und Zahnärzte und weitere, um den Kreis der Berechtigten auszuweiten, die in der Pandemie Impfungen durchführen können.
Der voraussichtlich künftige Bundeskanzler Olaf Scholz hat 30 Millionen weitere Corona-Impfungen bis Weihnachten als Ziel für Deutschlands Impfkampagne ausgegeben. „Das ist eine große logistische Herausforderung“, sagte Scholz nach der Ministerpräsidentenkonferenz. Diejenigen, die es bisher noch nicht gemacht hätten, sollten sich zur Impfung durchringen. Scholz bekräftigte zudem, dass es eine einrichtungsbezogene Impfpflicht etwa für Beschäftigte in der Altenpflege und in Kliniken geben solle. Der SPD-Politiker sagte ferner, der Bundestag solle über eine allgemeine Impfpflicht abstimmen. „Aus meiner Sicht sollte es auch zu einer solchen Entscheidung des Bundestags kommen“, sagte Scholz.
Die geschäftsführende Kanzlerin Angela Merkel hat die Lage in der Corona-Pandemie in Deutschland als sehr ernst bezeichnet. Die vierte Welle müsse gebrochen werden, so Merkel. Sie betonte die Bedeutung von Booster-Impfungen. Der Impfstatus werde bei einer doppelten Impfung nicht dauerhaft anerkannt werden können. Es werde auch auf EU-Ebene diskutiert, dass nach neun Monaten die zweite Impfung ihre Gültigkeit verliere, daher sei das Boostern ganz wichtig. Der Übergang werde aber so sein, dass jeder eine Chance habe, seinen Impfstatus zu erneuern. Merkel sagte mit Blick auf die aktuelle Lage, die Belastung in Krankenhäusern gerate teilweise an Grenzen. Patienten müssten verlegt werden. Es sei ein „Akt der nationalen Solidarität“ nötig.